ADHS bei Frauen
Eine der letzten menschlichen Freiheiten ist, die eigene Einstellung unter welchen Umständen auch immer frei wählen zu können und einen eigenen Weg zu gehen.
- Viktor Frankl -
Zappelphilipp-Syndrom hat man in meiner Kindheit in den 90ern gesagt. Ich war weder ein Philipp, noch war ich besonders zappelig, aber trotzdem habe ich ständig meine Hausaufgaben vergessen. Wurde von meiner Lehrerin getadelt, weil ich geträumt hatte oder mich mit meinem starken Gerechtigkeitssinn nicht mit Weisungen zufrieden geben konnte. Ich hatte schon in der Grundschule schnell einen Stempel:
"Du bist zwar schlau, aber faul."
Dabei gab ich mir doch Mühe, aber diese lästigen langweiligen Aufgaben wollten mir einfach nicht gelingen. Wie schafften die anderen Kinder das nur so scheinbar mühelos? Meine Eltern stellten mich sogar einmal, auf Anraten der Lehrerin dem Kinderarzt vor, aber dieser winkte ab. Das verwächst sich.
Meine Schulkarriere setzte sich in ähnlicher Weise fort. Ich bekam gute Noten in den "interessanten" Fächern und schlechte Noten in den "langweiligen". Ich mochte die Lehrer:innen, die fair waren und geriet mit denen, die unfair waren, immer wieder aneinander. Mit Ach und Krach bestand ich am Ende das Abitur, war aber völlig planlos wie mein beruflicher Werdegang nun verlaufen sollte. Ich fühlte mich rastlos, ratlos, ziellos.
Ich schrieb mich erstmal an der Uni ein, brach dann aber wieder ab. Schrieb mich in einem anderen Fach ein und brach wieder ab. Begann eine Ausbildung zur Industriekauffrau und quälte mich zwei ganze Jahre in einen langweiligen Bürojob. Als ich diese Ausbildung, nur um es allen zu beweisen, mit "Gut" abschloss, dachte ich:
So kann es doch jetzt nicht weitergehen... Noch zwei Jahre in diesem Job und ich drehe durch!
Dann schrieb ich mich noch einmal an der Uni ein. Das Fach Erziehungswissenschaften reizte mich, weil ich dort sowohl Pädagogik, als auch Psychologie studieren konnte. Und plötzlich lief das Studium wie von selbst. Ich schrieb durchgehend gute Noten, schloss den Bachelor mit 1,5 ab und absolvierte neben meiner Vollzeittätigkeit in der Jugendhilfe meinen Master mit der Abschlussnote 1,9.
Als die Berichte in den Medien häufiger wurden, dass ADHS sich bei Mädchen und Frauen oft anders manifestiert, wurde ich hellhörig. Im Herbst 2022, mit 34 Jahren, bekam ich dann endlich meine Diagnose und endlich war klar:
Ach deshalb bin ich so, wie ich bin!
Wenn meine Geschichte ähnlich klingt wie Ihre, dann lassen Sie uns gern gemeinsam schauen, welche Besonderheiten ein Leben mit einer Neurodivergenz mit sich bringt. Welche Schwierigkeiten entstehen, weil man manchmal nicht rein passt, aber auch welche besonderen Stärken die meisten von uns in sich tragen.